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Mein erstes Jahr mit dem 3D-Drucker

Eine Retrospektive

Seit genau einem Jahr habe ich jetzt meinen ersten 3D-Drucker, den Tevo Tornado auf der Werkbank stehen. Seitdem ist einiges passiert. Zeit für einen kurzen Rückblick.

Den Wunsch, einen 3D-Drucker anzuschaffen hatte ich schon länger. Als ich dann die Idee hatte, mir für Elektronikprojekte ein eigenes Netzteil zu bauen, wurden die Pläne konkreter, da ich kein Gehäuse von der Stange finden konnte, das mir gefiel. Ich fing an, mich mit dem Thema zu befassen, habe verschiedene YouTuber abonniert (3D Printing Nerd, 3DMN, Thomas Sanladerer, Maker’s Muse) und mir alles angesehen, was die an Videos zu bieten hatten.

All zu teuer sollte es auch nicht werden, also schweifte der Blick nach China. Zum Glück habe ich mich nicht von den spottbilligen Holz- und Acryldruckern auf wish.com blenden lassen. Am Ende standen der Creality CR-10 und der Tornado auf meiner Liste, denn ich wollte einen möglichst großen Bauraum für mein Geld. Nach weiterer Recherche in Facebook-Gruppen war die Entscheidung für Tevo gefallen. Die 24V und das schnelle Heatbed mit 220V Netzspannung waren überzeugend.

Geduldsprobe

Leider war der Tornado Ende 2017 noch recht neu und sehr beliebt, sodass Tevo kaum nachproduzieren konnte. Trotzdem fand ich ein verlockendes Angebot bei GearBest, die den Drucker wohl auf Lager hatten. Am 1. November habe ich bestellt und hatte die naive Hoffnung, dass ich mir den Drucker am Ende des Monats selbst zu Geburtstag schenken kann.

Oooohh lag ich falsch! Nach der Bestellung begann das bange Warten. Das Gute war, dass in den Facebook Gruppen zu der Zeit fast alle das gleiche Schicksal teilten und so bestanden unsere Diskussionen damals fast immer aus Fragen rund um den Lieferstatus, Hass auf GearBest und die Transportdienste und gelegentlichen Neid, wenn mal jemand ein Paket bekam.

Zu der Zeit offenbarte sich aber schon eine erste Schwäche der frühen Tornados, nämlich der übermäßig starke Hang zum Salmon Skin Effekt. TL Smoother wurden als Lösung empfohlen. Die hab ich mir dann auch gleich besorgt, waren früher da als der Drucker.

Der November ging zuende, aber mein Geschenk kam nicht. Erst Mitte Dezember kam das Paket langsam näher. Am 19. Dezember, war es dann endlich soweit: Der Hermes Sendungsstatus lautete „Paket wird zugestellt“. Juhuu!!

Oder auch nicht? Es wurde immer später, ich saß auf der Arbeit, freute mich auf den Feierabend und prüfte immer wieder den Status. Der Feierabend rückte näher, aber nichts passierte. Ich stellte mich schon darauf ein, dass es wohl doch erst morgen wird. Aber dann erhielt ich endlich die lang ersehnte Whatsapp von Zuhause: Ein großes Paket wurde zugestellt! Jetzt kann ich also endlich mit dem 3D-Drucken anfangen!

Es geht los

Nichts wie nach Hause, schnell die Kinder begrüßen, Essen, Kinder ins Bett und dann kann es losgehen. Der Zusammenbau klappte gut. Es waren ja nur wenige Teile zusammenzuschrauben und ein paar Kabel zu stecken. Und dann konnte ich zum ersten Mal vorsichtig den Schalter umlegen. Er lebt!

Ich hatte ja genug Zeit, also hatte ich schon länger Cura auf dem Laptop installiert und wusste auch schon, was ich drucken wollte. Der erste Versuch war eine Vase, denn ich hatte gelernt, der Vase-Mode geht schnell. Zur Sicherheit habe ich die Vase auf Hosentaschenformat skaliert. Nach einer halben Stunde war also der erste Druck schon durch. Gleich zum Zweiten, das war – Überraschung – ein Benchy. Ebenfalls runterskaliert, damit es nicht zu lange dauert.

Meine ersten beiden Drucke – eher so „meeh“

Eilig wurden Fotos in der Gruppe geteilt, die tolle Qualität bewundert und jenen Trost zugesprochen, die noch immer auf eine Lieferung warteten. An den nächsten Abenden lief es ähnlich, es wurde viel gedruckt und ich habe lange Zeit beim Drucker verbracht, denn schon zeigten sich die ersten Probleme.

Mein schlimmstes Problem waren Layer-Shifts auf der Y-Achse. Ich habe eine ganze Flotte von Benchies mit krummen Dächern als Andenken an diese Zeit behalten. Vref auf der Y-Achse sollte man erhöhen, damit das Problem verschwindet. Hat leider nichts genützt. Jerk und Acceleration niedriger einstellen – zunächst auch ohne Erfolg. Bis ich merkte, dass Cura in meinem Profil diese Werte mit eigenen, ziemlich hohen überschreibt.

Weitere Problemchen

Das eine Problem war behoben, aber neue ließen nicht auf sich warten. So habe ich langsam immer mehr bemerkt, wie stark der Salmon Skin Effekt auftritt und wie sehr mich das bei bestimmten Drucken stört, während es bei anderen kaum zu sehen ist.

Das Thema war zu der Zeit sowieso in aller Munde. Erste Gerüchte kamen auf, dass die Smoother in unserem Fall doch keine Lösung brachten, weil Tevo wohl billige, offenbar nachgebaute Treiber-ICs verwendete. Einige wollten das genauer untersuchen. Und ein anderer deutscher Tornado Besitzer, mit ziemlich guten Elektronik-Skills hatte sich sogar mit dem Oszilloskop auf Spurensuche gemacht und Datenblätter studiert.

Die Treiber der 1. Generation

Seine Erkenntnisse hat er in der englischen Tornado Gruppe bei Facebook geteilt, die offiziell von Tevo unterstützt wird. Es gab eine lange Diskussion, die ich gespannt verfolgt hatte. Zwischenzeitlich hatte man das Gefühl, wir hätten etwas gegen Tevo vorliegen und könnten sie zwingen uns neue Mainboards zu senden. Doch es kam anders. Am nächsten Morgen war der Beitrag verschwunden und das Mitglied, mit dem ich zwischenzeitlich auch per Messenger in Kontakt stand, wurde aus der Gruppe geworfen – soviel dazu.

Eine herbe Enttäuschung! Wir mussten uns wohl mit dem dem teils schlechten Druckbild abfinden. Oder doch nicht? Bis dahin hatte ich mich mit dem Innenleben der Drucker nicht weiter intensiv befasst. Jetzt hörte ich aber erstmals von den TMC Schrittmotor-Treibern von Trinamic und was die alles konnten. Eins ließ mich besonders aufhorchen: Der fast lautlose Betrieb des Druckers.

Denn Lärm war ein weiteres Problem, das ich hatte. Meine Drucke wurden im Laufe der Zeit Größer und brauchten länger, als lief der Drucker irgendwann zwangsläufig auch über Nacht. Das hörte man leider im ganzen Haus, zum Leidwesen der Familie.

Der große Umbau

Mit relativ wenig Vorwissen, was die ganze Stepper-Steuerung angeht, eingestaubten Elektronik-Kenntnissen und etwas Erfahrung in Programmierung von Arduinos habe ich mich entschlossen, meinem Drucker eine neue Steuerung zu verpassen. Wie die aussieht kann man hier nachlesen.

Das klappte, bis auf kleinere Hürden, erstaunlich gut und so hatte ich irgendwann einen leisen Drucker, mit sauberem Druckbild und netten Zusatzfunktionen. Auch das habe ich natürlich auf Facebook geteilt und habe schnell viele Anfragen erhalten, was man braucht und wie es geht.

Ich habe dann einige Abende damit verbracht die erste Version meines TMC2130 Tutorials zu schreiben und es irgendwann als Google Doc veröffentlicht und in der Gruppe geteilt. Die positive Resonanz hat dann schnell dazu geführt, dass aus dem Google Doc dieses Blog hier entstanden ist.

Neben den Treibern habe ich noch einige weitere Umbauten vorgenommen, die inzwischen zu meinem Drucker gehören, so z.B. ein BLTouch Leveling Sensor, LED-Streifen für die Beleuchtung, ein anderer Extruder, E3D V6 Hotend, geänderte Kühlung, Erneuerung der Verkabelung und Austausch der Stecker am Gehäuse und ein Capricorn PTFE Tube.

E3D Hotend, neue Kabel und Petsfang

Weitere Umbauten waren geplant, einiges ist wieder verworfen, andere Projekte liegen noch unvollendet im Regal. Ich bin aber inzwischen ziemlich zufrieden mit meinem Chinakracher, was wohl auch daran liegt, dass mindestens nocheinmal soviel Geld, wie der Drucker selbst gekostet hat, inzwischen in Umbauten geflossen ist.

Sicher hätte ich für die Summe am Ende auch einen Prusa i3 Mk3 kaufen können. Aber hätte ich dabei genau soviel gelernt? Hätte ich neue Dinge ausprobiert, neue Fähigkeiten entwickelt und mit anderen geteilt? Ich vermute nicht. Von daher würde ich die Frage, ob ich alles nochmal genau so machen würde, auf jeden Fall mit „ja“ beantworten.

Fazit nach dem ersten Jahr

Ich muss an dieser Stelle offen gestehen, ich drucke nicht mehr so viel, wie zu Anfang. Das sehe ich aber nicht unbedingt als schlechtes Zeichen. Denn anfangs habe ich ganze Abende beim Drucker verbracht um Benchys zu produzieren. Aktuell ist es eher selten der Fall, dass ich Stunden im Hobbyraum zubringe. Das liegt aber auch daran, dass wir ein kleines Baby im Haus haben und somit andere Dinge zu tun haben, wenn endlich alle schlafen.

Heute ist der Drucker ein normales Werkzeug im Haushalt. Wird kurzfristig ein Ersatzteil oder eine spezielle Halterung benötigt? Kein Problem, kurz etwas konstruiert, über Nacht gedruckt und am nächsten Tag schon im Einsatz. So soll es doch eigentlich sein, wenn der 3D-Druck massentauglich wird.

Es geht also weiter und in absehbarer Zeit kann ich auch der additiven Fertigung wieder etwas mehr Freizeit widmen. Ich habe auf jeden Fall noch Ideen, die verwirklicht werden wollen. Und ich habe auch noch einige Themen auf dem Zettel, die ich hier im Blog behandeln will.

Zum Schluss möchte ich mich einmal bei all denen bedanken, die mich auf dieser Reise bisher begleitet haben. Bei denen die mich inspiriert haben, denen die die erste Version meines Tutorials getestet haben, den regelmäßigen Lesern des Blogs, denen die kommentiert haben, den Fans der Facebook Page und bei all denen mit denen ich spannende Unterhaltungen zu den Problemen und Freunden des 3D-Drucks hatte.

Ihr seid eine tolle Community. Ich freue mich auf das nächste Jahr mit euch allen. Und nun: Allen frohe und erholsame Feiertage!

Kennst du die schon?

1 Kommentar zu „Mein erstes Jahr mit dem 3D-Drucker“

  1. Sehr schön geschrieben. Ja, wie wir alle gewartet haben vor einem Jahr ???.
    Ich danke dir vielmals für deine Arbeit hier auf deinem Blog oder damals mit Google doc. Mein Drucker läuft dank deiner Arbeit auch mit 2130 und Gen L. Ich wünsche dir und deiner Familie schöne und erholsame Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Gruß Silvii

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